Portrait Clueso
Clueso [klyˈzo] (* 9. April 1980 in Erfurt; bürgerlicher Name Thomas Hübner) ist ein deutscher Sänger, Rapper, Songwriter, Produzent und Autor.
Clueso – der Name ist der Figur des Inspektor Clouseau aus Blake Edwards’ Film Der rosarote Panther entlehnt – macht seit 1995 Musik, zunächst mit dem EFP 96 (Erfurt Projekt 1996), aus denen dann später die Wostok MCs wurden. Zu den Wostok MCs gehörten neben Clueso auch DJ Malik und Steer M, die auch heute noch oft mit Clueso auftreten. Durch zahlreiche Jams im Jenaer Kassablanca und in anderen Städten Deutschlands konnte er seine Fähigkeiten als Rapper und Entertainer trainieren.
Nach Abbruch seiner Friseurlehre 1998 lernte er seinen späteren Manager Andreas Welskop kennen. Die erste selbst hergestellte Vinyl-Veröffentlichung Clüsolo (damals noch als Clüso) erschien über einen Verlagsvertrag bei BMG Ufa. 1999 zog er mit Welskop nach Köln in die 10vor10-Studios, ein Jahr später bekam er einen Plattenvertrag bei Four Music. Bei diesem Label erschien dann 2001 das erste Clueso-Album Text und Ton. Mit seiner Live-Band Curfew spielte Clueso u. a. beim MTV HipHop Open in Stuttgart und beim Beats for Life in Köln.
2002 zog Clueso zurück nach Erfurt und nahm im neu gegründeten Zughafen, angesiedelt in einem Gebäude des Erfurter Güterbahnhofs, als Frontmann des Rowdy Clubs (mittlerweile Rhythm Club) das Rowdy-Club-Tape 2002 auf. Ein weiteres Jahr später begann die Produktion des zweiten Albums Gute Musik, das er 2004 fertigstellte. Daran beteiligt waren unter anderem Blumentopf, Marcel Aue, Steer M, Tilmann Jarmer, Delhia, Tim Neuhaus und der Erfurter Blues-Gitarrist Jürgen Kerth. Im Gegensatz zum sehr Rap-lastigen Vorgänger enthält es deutlich mehr Gesangsnummern, auf englische Gastbeiträge wurde verzichtet. Dabei werden neben den typischen Hip-Hop-Themen unter anderem auch die angenehmen und unangenehmen Folgen des Cannabiskonsums thematisiert (z. B. Vergessen ist so leicht). Wie schon das Vorgänger-Album enthält auch Gute Musik Skits.
Unter dem Umzug nach Erfurt litt die Zusammenarbeit mit seiner Band Curfew, weshalb er mehrere Thüringer Musiker um sich vereinte (hauptsächlich der Weimarer Band StoryPlay), mit denen er als Clueso und Band live unterwegs ist. Am 30. Januar 2005 erschien die Single Kein Bock zu geh’n. Mit diesem Lied vertrat er auch Thüringen beim Bundesvision Song Contest am 12. Februar 2005, wo er den siebten Platz erreichte. Clueso war 2005 Partner von Start Ab, dem „größten nicht-kommerziellen Remix-Contest Europas“. Vom 3. Juni bis 5. Juni hatten die Teilnehmer des Wettbewerbs Zeit, aus den Aufnahmen für seine am 6. Juni erschienene Single Pizzaschachteln einen neuen Remix zu produzieren.
Mit der Kompilation The Forgotten Tales veröffentlichten Blind Guardian 1996 ein Album ruhigerer Im Oktober 2005 ging Clueso für das Goethe-Institut als Botschafter für ein junges lebendiges Deutschland zusammen mit seiner Band auf Konzert-Workshoptour durch Italien. Seine Musik dient hierbei als Mittel, die Lyrik der deutschen Sprache ins Ausland zu tragen.
Am 19. Mai 2006 erschien sein drittes Album Weit weg, auf dem auch das Lied Chicago zu finden ist. Am 3. Februar 2007 fand in Berlin im Fritz-Club im ehemaligen Postbahnhof ein Konzert statt, bei dem Clueso gemeinsam mit seiner Band und der STÜBAphilharmonie (einem Thüringer Orchester) seine Lieder in einem Arrangement für mehr als 70 Instrumente aufführte. Zwischen seinen eigenen Stücken spielte das Orchester Auszüge aus der sinfonischen Suite Metropolis von Steffen Heinze. Dieses Konzert ist auch auf DVD erschienen (Clueso Live bzw. Clueso – Weit weg-Live). Die Zusammenarbeit mit der STÜBAphilharmonie wurde Ende 2007 fortgeführt. Clueso war Vorband bei den Konzerten von Herbert Grönemeyer auf dessen 12-Tour im Mai/Juni 2007. Er wurde im Jahr 2007 von 1live mit einer Nominierung in der Kategorie Bester Live-Act des Radiozuhörerpreises 1Live Krone gewürdigt.
Im September 2007 erschien die Single Lala, ein Lied, das eigens für den Soundtrack zum Film Leroy aufgenommen wurde. Am 14. Februar 2008 vertrat Clueso ein weiteres Mal das Bundesland Thüringen mit dem Lied Keinen Zentimeter bei dem von Stefan Raab veranstalteten Bundesvision Song Contest 2008 und belegte dort mit einem Punkt Rückstand den zweiten Platz. Am 30. Mai 2008 wurde sein viertes Album So sehr dabei und seine zweite Single Mitnehm’ veröffentlicht. Am 3. Oktober 2008 folgte die dritte Single Niemand an dich denkt aus dem gleichen Album.
Am 4. Dezember 2008 wurde Clueso mit der 1Live Krone als bester Künstler ausgezeichnet − er setzte sich gegen Thomas D, Peter Heppner, Curse und Nneka durch. Auch im darauffolgenden Jahr, am 3. Dezember 2009, erhielt Clueso die 1Live Krone als bester Künstler, außerdem bekam er für den Song Gewinner die Auszeichnung Beste Single.
Am 1. April 2009 erschien Gewinner, die vierte Single seines Studioalbums So sehr dabei. Ebenfalls im April 2009 erschien So sehr dabei LIVE als Live-CD/DVD, auf der auch Videos bzw. Auftritte mit Liedern seiner früheren Alben zu sehen sind.
Im Winter 2009 ging er mit der STÜBAphilharmonie auf Tour in ausgewählten Städten (Ludwigshafen, Kassel, Essen, Düsseldorf, sowie bei der EinsLiveKrone in Bochum). Im Juli 2010 erschien die Doppel-CD Clueso & Stüba Philharmonie, ein Mitschnitt während der Weihnachtskonzerte 2009 im Hamburger Rolf-Liebermann-Studio des NDR. Im Sommer 2010 reiste er nach Spanien, um dort sein neues Studioalbum aufzunehmen, welches im Frühjahr 2011 erschien. Im Oktober 2010 trat er wieder beim Bundesvision Song Contest auf, diesmal als Gastmusiker für den Thüringer Beitrag von Norman Sinn & Ryo, die den sechsten Platz belegten.
Anfang Dezember 2010 veröffentlichte Clueso sein erstes Buch Clueso. Von und über. Die Erstauflage war auf 1.000 Stück limitiert, handsigniert und nummeriert. Das Buch enthält neben vielen Fotos auch Liedtexte, Anekdoten und Geschichten von und über den Künstler.
Das fünfte Studioalbum An und für sich, das auch die Single Zu schnell vorbei enthält, erschien am 25. März 2011.
Am 16. September 2011 erschien eine Coverversion von Udo Lindenbergs Cello, die im Juni gemeinsam mit dem Originalinterpreten im Rahmen eines MTV-Unplugged-Konzerts gesungen wurde. Am 5. November 2011 sangen Clueso und Lindenberg das Lied live in der ZDF-Sendung Wetten, dass..?
Clueso setzt sich für das Lesen- und Schreibenlernen im Rahmen der Kampagne iCHANCE ein, die vom Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung durchgeführt wird.
2011 wurde Clueso u.a. für den MTV Europe Music Award – Best German Act nominiert, den allerdings die Sängerin Lena Meyer-Landrut gewann. Im selben Jahr erhielt er die 1Live-Krone als “bester Künstler” und setzte sich dabei u.a. gegen Herbert Grönemeyer durch.
Mit dem Sänger Wolfgang Niedecken und seiner Band BAP veröffentlichte Clueso eine Single namens All die Augenblicke, die zum Herunterladen bereitgestellt wurde. Der Song wurde beim Echo 2012 erstmals präsentiert. Außerdem hatte er bei dieser Preisverleihung eine Laudatio und sang u.a. mit Ina Müller und Barbara Schöneberger den Epilog des Abends Verdammt lang her
Nach drei Jahren Pause – Stadtrandlichter
Dieser Text könnte so beginnen: Fünfmal Gold, zweimal Platin, über eine Million verkaufte Tonträger. Thomas Hübner aka Clueso hat mit Lindenberg, Niedecken, Grönemeyer und den Fanta 4 gespielt, zu seinen Konzerten kommen bis zu 15.000 Besucher. Im Erfurter Güterbahnhof hat er mit seinen Weggefährten ein unabhängiges Netzwerk für Kulturschaffende aufgebaut. Nach knapp 15 Jahren Karriere kehrt er nun zurück mit seinem sechsten Album “Stadtrandlichter” — erstmalig auf dem eigenen Label Text und Ton, entstanden in völliger Eigenregie.
Dieser Text könnte aber auch so beginnen: Nach über zehn Jahren im Geschäft hatte Clueso, einer der erfolgreichsten Songwriter seiner Generation, ein Stück weit den Überblick verloren. Über Jahre war er musikalischer Anführer, kreativer Kopf und Leitwolf im zwischenmenschlichen Gefüge seiner Jungs. Musste immer wissen, wo es langgeht, durfte keine Schwäche zeigen. Doch diese Rolle engte ihn in seinem geistigen Freiraum ein, den er zum Musikmachen zwingend braucht. Man kann es als charmante Eigenschaft von Künstlern interpretieren, wenn sie das Chaos quasi magnetisch anziehen, nur in diesem konkreten Fall blockierte sie Clueso für einen kurzen Moment.
DER SONG WAR EINFACH DA, OHNE KONZEPT, OHNE PLAN
Irgendwann kam jedoch ein Song. Einfach so, ohne dass er darauf geachtet hatte, was die anderen gerade so machen, welche Styles da draußen gerade angesagt sind. Der Song war ganz einfach da, ohne Konzept und ohne Plan. “Wir saßen im zweiten oder dritten Bandcamp zusammen. Auf einmal spielte unser Gitarrist Christoph ein paar Akkorde, die Band legte los, alles ging sehr schnell”, erzählt Clueso. “Sogar den Text haben wir gemeinsam geschrieben. Der Song ‘Stadtrandlichter’ war geboren.” Ein Befreiungsschlag. Drama raus, Tür auf. Rock, Electro, Blues, Pop, HipHop, alles rein in die Musik. Ausmisten, über den Tellerrand schauen, tradierte Modelle in Frage stellen. Sich Filme fahren. Alte Seile kappen. Alles neu. Und plötzlich war sie wieder da, die Leidenschaft. Das bisschen Schlampige und Rumpelige, aber auch das Zerbrechliche, Echte und Schöne, das diese Musik so ausmacht.
Sein letztes Album hieß “An und für sich”, erschien 2011 und war das letzte für die Plattenfirma Four Music, bei der Clueso seit Beginn seiner Karriere im Jahr 2000 unter Vertrag stand. Aus dem etablierten System der Musikindustrie auszubrechen, ist kein leichtes Unterfangen, wenn man einmal drin ist.
Doch zusammen mit seinem Team erschuf Clueso sich oben genanntes unabhängiges Netzwerk in Erfurt. Heute beschäftigt der Zughafen knapp zwanzig Mitarbeiter, die sich unter anderem um alle Bereiche von Cluesos Karriere kümmern, von Management bis Merchandise, von Musikverlag bis Catering, von Ticketsystem bis Tourproduktion.
Die neu gewonnene äußere und innere Freiheit nutzte er zunächst für Experimente: Bis Mitte 2013 produzierte er in Eigenregie zwei Alben, die vorerst in die Schublade wanderten. Vielleicht wird Clueso sie irgendwann der Welt zugänglich machen, vielleicht auch nicht. Beide waren wichtige Bausteine auf dem Weg zu der Platte, die nun tatsächlich erscheint. Sie beschäftigten ihn und lenkten ihn ab. Durch das Machen, ohne Ziel und ohne Auftrag, befreite er sich von der Last der Verantwortung. Spielerisch erfühlte er eine neue Vision, ein unfertiges Bild: Rückbesinnung ohne Nostalgie. Die Vergangenheit quasi “nebenbei” in der Gegenwart aufarbeiten, wie ein nicht-linear erzählter Film, eine Achterbahnfahrt durch Phasen und Abschnitte eines Lebens.
EIN BAUCHALBUM, KEINE KOPFPLATTE
Clueso wusste: „Wenn diese Platte so klingen soll, wie ich sie in meinem Kopf höre, dann muss ich Sounddesign und Produktion selbst in die Hand nehmen.“ Der logische letzte Schritt eines jahrelangen Prozesses der Selbstermächtigung. Als Songwriter wollte er sich keinem künstlichen Albumkonzept mehr beugen: “Jeder Song blieb, wie er zur Tür hereinkam.” Im Verlauf der Aufnahmen forschte er mit seinem Co-Produzenten Martin Rödiger zu den Themen Mixing und Recording und experimentierte mit seinen und auch anderen Musikern bis früh in den Morgen, abgeschottet und eingeschlossen, ohne Einfluss von außen. Oft holte sich Clueso auch Rat bei Ralf Christian Mayer, seinem langjährigen Freund, Produzenten und Mixing Engineer. Er stellte das Album in der Endphase im nahtlosen Übergang fertig. Das Ergebnis ist “Stadtrandlichter”.
Der Künstler sagt selbst, mit dem Opener “Pack meine Sachen” verlasse er den alten Clueso. Doch der neue ist wie der alte, nur eben ein paar Schritte näher bei sich. Zum Teil ist er immer noch der Peter Pan von Erfolgsalben wie “Weit Weg” (2006) oder “So sehr dabei” (2008), manchmal ist er jedoch auch gereifter Beobachter. Das Album folgt in diesem Rollenwechsel keiner Chronologie: Der kleine Junge aus “Sein Song” könnte direkt neben dem Haus sitzen, in dem die Handlung von “Pack meine Sachen” stattfindet, wo es um einen Familienstreit geht. Das Album bekommt eine inhaltliche Klammer durch den letzten Song “Nebenbei”, der zeitlich im selben Moment wie der Opener “Pack meine Sachen” spielt, jedoch bewusst im Präsens formuliert wurde. “Man sagt doch: Mit 30 läuft man durch alle Zimmer seiner Jugend”, schmunzelt Clueso.
Im Verlauf von “Stadtrandlichter” scheint der Protagonist niemals so richtig anzukommen, auch wenn er zu Beginn seine Koffer gepackt hat. Doch man spürt: Er hat sich mit dem ewigen Flirt mit dem Versuch anzukommen arrangiert. Der Song “Lass den Kopf nicht hängen” umarmt das eigene Scheitern. “Alles leuchtet” beschreibt das Älterwerden und das Aufschieben von Entschlüssen — bis die notwendige Reife vorhanden ist, um eine erwachsene Entscheidung zu treffen. Das Gefühl der Überforderung, das sich nach dem letzten Album bei Clueso breitmachte, führte auf direktem Wege zu einer Platte, die gemacht werden wollte, ja: musste.
“Stadtrandlichter” ist aufgrund seiner Entstehung natürlich die Geschichte einer neu entflammten Liebe zur Musik. Das Album markiert einen beachtlichen Wendepunkt in einer Ausnahmediskografie, die im deutschsprachigen Raum ohnehin ihresgleichen sucht. Die Lieder auf der neuen Platte stecken voller Aufbruchsstimmung: Klar und präzise im Ausdruck, dabei aber von unheimlicher emotionaler Tiefe. Ein Bauchalbum, keine Kopfplatte. Eine Sammlung von spontanen Momentaufnahmen, der man am Ende kein bewusstes Konzept anhören sollte. Vielleicht ist es das beste Album, das Clueso je geschrieben hat. Die Zeit wird es zeigen.
Musik
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